Magazin

Mit dem Gesicht im Dreck

Festivalfotografie mit Dominik Wagner


 
 

text & fotos Dominik Wagner

Festivalfotografie ist für mich eine Gratwanderung. Manchmal muss ich mich zusammenreißen, um nicht einfach in der Stimmung und der Musik aufzugehen, das Fotografieren sein zu lassen und einfach Teil der feiernden Meute zu werden. Dem gegenüber steht der Fotograf, der am liebsten jeden Augenblick dokumentieren möchte und sich dadurch subjektiv zu weit von der Atmosphäre abgrenzt.

 

Ich stand schon vor, hinter und auf den großen Bühnen der Festivals und manchmal lag ich mit dem Gesicht im Dreck, aber immer mit dem Zeigefinger am Auslöser. Der richtige Moment ist das, was für mich zählt. Manche sind so schön, dass man es kaum wagt, sie fotografisch festzuhalten und manche sind viel zu schnell vorbei.

Melt 2013

Das Melt Festival war für mich das erste Mal, dass ich auf einem Festival im Bereich „irgendwas mit Medien“ gearbeitet habe. Ich war Kameramann auf der Intro Bühne. Durch diesen Job hatte ich die Möglichkeit, mir ein Festival mal hinter den Kulissen anzuschauen und vor allem, mich als Fotograf überall frei zu bewegen. Gleichzeitig hatte ich durch den Job kaum Zeit, überhaupt etwas außerhalb des Intro-Zeltes mitzubekommen. In einer meiner viel zu kurzen Pausen, schaffte ich es dennoch, zur Hauptbühne zu rennen. Nachdem ich mich an den Pressefotografen im Bühnengraben vorbei gedrängelt hatte, um einen der damaligen Headliner zu fotografieren, entstand dieses Bild von Pete Doherty.

RF14

Roskilde Festival 2014 war mein erstes Jahr, in dem ich ernsthaft versucht habe das Festival zu dokumentieren. Ausgestattet mit einer kleinen und einer noch kleineren Digitalkamera, bin ich morgens bis abends durch die Gegend gestreunert, immer auf der Suche nach guten Bildern. An einem dieser Morgen bin ich sehr weit abgedriftet und habe total die Orientierung verloren. Ich hatte Glück, da zwei Einhornfrauen mich an die Hand nahmen und mich wieder in die richtige Richtung begleitet haben.
Das war auch das Jahr, in dem ich während der Major Lazer Show in ein Moshpit geraten, im falschesten Moment hingefallen bin und von der Menge niedergetrampelt wurde. Ich habe überlebt…die kleinere Kamera leider nicht, sie war die Leihgabe eines Freundes.

RF15

Roskilde ist visuelle Pornografie. Die Bühnenlichter bei Nacht, Boxentürme, die aussehen wie gerade gelandete Raumschiffe, welche versuchen mit ihren Lichtstrahlen die Leute weg zu beamen. Diese unglaubliche Energie des Publikums, die wirklich jeden Musiker dazu verleitet, alles und noch mehr aus sich rauszuholen. Wilde Parties auf den Campingplätzen, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich kehre jedes Jahr wieder zurück um diese unglaubliche Atmosphäre zu fotografieren.

RF16

Über die Jahre habe ich wirklich viele wahnsinnige Dinge auf Festivals erlebt und gesehen. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie viel Arbeit sich die Leute machen, um mit ihrem Camp aufzufallen. Auf dem Roskilde bewegt sich das ganze allerdings auf einem anderen Niveau. Laut sein ist die Devise, auf jeden Fall lauter als die Nachbarn und am besten lauter als alle anderen. Mittlerweile sind die Soundsysteme einiger Camps größer als der Bühnen mancher Festivals!

Immergut Festival

Als wir letztes Jahr anfingen an Höme zuarbeiten, war eine unserer größten Sorgen, wie nah wir an die Festivals rankommen. Nach unserem ersten offiziellen Ausflug auf das Immergut Festival wurde uns klar: wir kommen sehr nah ran…wir müssen es nur richtig anstellen.

Vom Lichttechniker, der gemütlich beim Aufbau seine Scheinwerfer einstellt, bis zum Musiker, der nach einem sehr intensiven Konzert kotzend hinter der Bühne zusammenbricht, Immergut gab uns die Möglichkeit das alles einzufangen!


Rocken Am Brocken

Auf der Suche nach guten Portraits beim Rocken am Brocken, entdeckten wir ein Gotteshaus aus Pavillons und den, schon durchaus angetrunkenen, dazugehörigen Pastor/Pfarrer. Gegen eine Kollekte, auch in Bierform, kann man sich dort trauen lassen.

Als wir bemerkten, dass das rote Absperrband direkt neben unsern Zelten verläuft und die Abgrenzung zum Campingplatz der Securities darstellt, waren wir erst nicht besonders begeistert. Wir akzeptierten unser Schicksal und beschlossen, an einem Artikel über Festival-Securities zu arbeiten. Es war überraschend, wie locker und cool die Jungs eigentlich sind, wenn sie einen nicht gerade anschreien, dass es auch Toiletten gibt und man nicht gegen den Zaun direkt neben der Bühne pinkeln soll.

Appletree Garden Festival

Wir hatten uns vorgenommen, über drei Festivals an einem Wochenende zu berichten.
Daher war unser Besuch auf dem Appletree eigentlich nur ein kurzer Zwischenstopp. Wartend in der Toilettenschlange, fielen mir Hände auf, die sich am oberen Ende der Toilettentür festklammerten. Das ganze ergab ein echt witziges Bild, da es vor allem der Fantasie viel Spielraum lässt.

Siri

Siri ist schnell und immer in Bewegung, Siri ist Stagemanagerin. Auf dem Trebur Open Air hatte ich die Möglichkeit, Siri einen kompletten Tag bei ihrer Arbeit zu begleiten. Den Blick immer auf ihrer Armbanduhr oder den Spielplan, meisten beides gleichzeitig, während sie über Funk in Kontakt mit dem Rest der Crew ist.

Wacken Open Air

Wacken oder wie viel Kitsch kann Metal ertragen?
Ich hatte meine Schwierigkeiten mich von der Enttäuschung über die kommerzialisierte Umgebung dieses Metal-Disneylands nicht zu sehr einnehmen zulassen. Auch wenn Wacken entgegen aller Erwartungen auf den ersten Blick recht unauthentisch erscheint, nach einem fünfstündigen Marsch durch den Matsch wird eins klar: die Besucher sind authentisch und machen den wahren Wacken-Spirit aus!


Mehr von Dominik gibt es hier:
http://wagner-photography.de/
und natürlich auf unserer Hömepage