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Die Polit-Debatte zum Förderfonds für Festivals

FFF Pop


Ein neues Kürzel macht die Runde: Der Festivalförderfonds – auch FFF Pop genannt - erlebt sein Coming Out. Verwaltet von der Initiative Musik und bislang dotiert mit fünf Millionen Euro, ist das Programm zur Förderung der „Festivals der populären Musik“ gedacht.

text Manfred Tari
redaktion Isabel Roudsarabi
foto Florian Anhorn

Erstmals vorgestellt am 18. Oktober in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien des Bundestages, liegt der Fokus des Förderfonds auf „Festivals, die neben musikalisch-künstlerischer Qualität auch soziokulturell wichtige Aspekte wie z.B. Diversität, Nachhaltigkeit, Innovationskraft oder Nachwuchsförderung in den Fokus nehmen.“ So ist es zumindest der Programmbeschreibung der Initiative Musik zu entnehmen. 

Nachdem nun die formellen Hürden seitens der BKM (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) sowie der politische Abstimmungsprozess bewältigt wurden, wird die Initiative Musik das Programm am 11. November auf dem Festival Playground und am 24. November auf der Veranstaltung Future of Festivals offiziell präsentieren. 

Vorab daher ein Hintergrundbericht über die politische Debatte, wie es zu diesem Förderprogramm gekommen ist.

Denn: Eigentlich soll es sich beim FFF Pop um ein parlamentarisches Wunschkind handeln. Ein Programm, das auf Initiative der Bundestagsabgeordneten der Ampel-Fraktionen im Rahmen des Haushaltsverfahren zur Aufstellung des Haushalts 2023 auf den Weg gebracht wurde, in welchem bereits auch der budgetäre Rahmen für FFF Pop festgelegt wurde. Inhaltlich wirkten beim Zustandekommen dieses Programms Kulturpolitiker*innen wie Luise Amtsberg (B90/Grüne), Aniko Glogowski-Merten (FDP) sowie Daniel Schneider für die SPD in ihrer Funktion als Berichterstatter*innen mit.

Allerdings und je nach dem mit wem man im Berliner Politbetrieb so spricht, gibt es zu der Lesart dieser Darstellung durchaus unterschiedliche Auffassungen. So besagt eine Variante, dass die Fachkräfte aus den Reihen der BKM in der Rolle der Exekutiven tatkräftig bei der Konzeption ebenso beteiligt gewesen sein sollen. Hierzu äußerte Luise Amtsberg gegenüber Infield.live, dass der Fonds: 

 „in enger Zusammenarbeit mit der Festivalszene und deren Vertreter:innen durch das BKM konzipiert wurde. Wir freuen uns über diese enge Zusammenarbeit und sind überzeugt, dass sie dafür gesorgt hat, dass der Festivalförderfonds die Szene wirksam unterstützt.“ 

Bekanntermaßen und gewohnheitsgemäß legen die Ampelkoalitionäre großen Wert auf die Meinungsvielfalt. Warum sollte es beim politischen Herstellungsprozess von FFF Pop demnach auch anders sein? Gemäß Schneider hätte beispielsweise die Einbindung - von uns Parlamentarier*innen bzw. Berichterstatter*innen der Ampel - gerne intensiver sein dürfen. „Zwischen den Gesprächen mit Präsentationen der Konzeption mit unseren Feedbacks ist jeweils viel Zeit ins Land gegangen, in der ich mir persönlich noch viel mehr direkten Dialog und eine engere Zusammenarbeit gewünscht hätte“, bemängelt der SPD-Abgeordnete und fügt an:

„Unser Interesse für den FFF ist riesig und uns ist auch allen klar, dass wir die Fördersumme nicht nur verstätigen müssen, sondern in Zukunft auch deutlich erhöhen wollen.“ 

Larmoyant merkt Schneider an, wenn wir: „diesen zarten Festivalförderfond jetzt doch mit der sehr geschätzten und sehr bekannten Initiative Musik umsetzen und uns auch die LiveKomm und weitere Organisationen dabei ohnehin unterstützen und eben auch das Interesse im Parlament und Bundesregierung längst gegeben ist, könnte meiner Meinung nach dieses Förderprogramm auch locker in 12 Wochen fertiggestellt sein“.  Schneider habe „großen Respekt gegenüber allen beteiligten Mitarbeitenden“ der Bundesregierung und danke ihnen auch für „das große Engagement und ihren hohen Arbeitseinsatz. Genau deshalb kommen wir nur mit mehr Kooperation zu einem Tempo, welches auch die Festivalszene braucht.“

Arbeitskreis "Live" & Förderkriterien

Aus dem Büro Amtsberg hingegen heißt es, man habe den Prozess durch Kontakte mit Organisationen der Festivalszene informiert und eng begleitet. Zur Entwicklung des Festivalförderfonds habe die Initiative Musik gGmbH eigens einen sogenannten Arbeitskreis „Live“ eingerichtet. In diesem waren relevante Branchenvertreter*innen wie die LiveKomm (inkl. AK Festival Kombinat), Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), Höme (Festivalplattform), Musikfonds, Bundeskonferenz Jazz), die BKM und die Initiative Musik vertreten. Der Arbeitskreis diente dazu, die Branche anzuhören, um das Förderprogramm praktisch relevant auszugestalten. Letztverantwortung für den Fonds tragen die Initiative Musik gGmbH und die BKM.

Die Probleme, vor denen die Szene aktuell stehe, sind laut Luise Amtsberg: „uns aus vielen Gesprächen mit Stakeholdern der Szene wohl bewusst. Teils dramatische Zahlen aus den Blitzumfragen der LiveKomm zeigen, dass die Festivallandschaft dringend der Unterstützung bedarf. Gerade Festivals, die einen schwereren Weg gehen, die zu all diesen Herausforderungen noch eine hohe kulturelle Qualität schaffen wollen, Nachhaltigkeit umsetzten wollen, sich um lokale Kooperationen bemühen, die Diversität berücksichtigen sind besonders gefordert. Das wollen wir anerkennen und fördern.“ Die Förderrichtlinie seien dabei allerdings so gefasst, dass die Festivals selbst wählen können, ob „sie ihren Antrag anhand dieser breiteren Kriterien ausrichten wollen, oder ob sie auf eher klassische Kriterien wie die kulturelle Originalität abzielen“.

Aus Sicht von Amtsberg: „ermöglichen und fördern wir einen breiten gesellschaftlichen Wirkungsanspruch von Kultur, schreiben aber der Szene nichts vor“.

Katrin Budde (SPD), monierte in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien, darüber hinaus in der zuvor erwähnten Sitzung, dass der Fonds zur Förderung von Festivals der Gattung der populären Musik vorbehalten sei. „Innerhalb der SPD-Fraktion war für uns wichtig“, erklärt der SPD-Abgeordnete Daniel Schneider hierzu gegenüber Infield.live, dass: „wir so schnell wie möglich und so viel wie möglich Fördermittel in die Fläche bringen. Dabei hätte es aus unserer Sicht keine Genrediskussion gebraucht. Die Kategorie des Fonds ist für uns schlicht Festivals.“ Die programmatische Gestaltung und Inhalte, die auch über das Musikprogramm hinaus gehen können, sehen: „wir auf Seite der Veranstaltenden. Als Kriterien betrachten wir alle Nachhaltigkeitsziele gleichermaßen relevant, sodass unsere erstmals strukturierte Förderung für Festivals maximal die sozial-ökologische Transformation flankiert. Also neben ökologischen Nachhaltigkeitszielen sind unserer Meinung nach genauso alle sozialen Ziele wie z.B. Diversität oder auch die wirtschaftliche Nachhaltigkeit wichtig.“

Im Kontext der Genre-Debatte erläuterte die Abgeordnete Luise Amtsberg auf Nachfrage von Infield.live dagegen, dass es für die: „breite und diverse Landschaft der popkulturellen Festivals bislang, im Gegensatz zu anderen Sparten und Teilbereichen der Kulturszene, keine Förderfläche auf Bundesebene gibt."

"Da gerade diese Landschaft an popkulturellen Musikfestivals die bundesweite Kulturszene seit vielen Jahren prägt, für viele Menschen das kulturelle Highlight des Jahres darstellt, bestand hier eine Förderlücke, diese galt es zu schließen.“

Auch wenn es beim FFF Pop nur um fünf Millionen Euro geht, so sei an dieser Stelle obendrein noch von der gebeutelten Partei Die Linke eine Stellungnahme zu diesem Programm vermeldet. Allein schon deswegen, um einen Nachweis für alle politischen Verdrossenen zu liefern, wie dezidiert und gewissenhaft sich politische Mandatsträger*innen im Bundestag mit dieser Fördermaßnahme beschäftigen.

Es zahle sich aus, „dass die Festivalkultur Veranstalter*innen und mit Unterstützung des Parlamentarischen Forums für Club- und Festivalkultur - eine überparteiliche Initiative von Bundestagsabgeordneten und der Livekomm - auf die bundespolitische Agenda gesetzt wurde“, befindet Caren Lay, Sprecherin für Clubpolitik in ihrer Partei. Wie Schneider kritisiert Lay, dass der Aufbau des Festival-Förder-Fonds zu lange gedauert habe. Die für das laufende Jahr vorgesehenen Gelder wurden nicht verausgabt. „Nun soll wenigstens ein Modul starten und 2024 ausgezahlt werden“, merkt die Politikerin an. Auch hofft sie, dass „die aufwendige Auswahl durch eine Jury, den Prozess nicht zu lange Verzögert. Künstlerische und sozio-kulturelle Kriterien zu setzen, Diversität, Nachhaltigkeit und Nachwuchs zu fördern sowie den Schwerpunkt auf kleine Festivals, das begrüße ich.“ Aber: Neue Gelder für 2024 hat die Bundesregierung bisher nicht vorgesehen. Für ihre Partei sprechend, resümiert Lay: „Wir als Linke fordern mit weiteren Modulen Leuchtturmprojekte zu fördern und daraus eine Beratung für Festivals zu entwickeln. Dafür haben wir die Fortfinanzierung und Aufstockung des Fonds mit 10 Mio. Euro im kommenden Jahr und eine langfristige Perspektive der Festivalförderung gefordert." 

Weitere Details zur Antragsstellung und Förderkriterien von FFF Pop finden sich auf:
initiative-musik.de/livemusikfoerderung/#festivalförderfonds