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Ein Festival als Statement

Erinnerungen vom Skandaløs Festival 2017


In einer perfekten Welt würden sich dieses Wochenende mehrere Tausend glückliche Menschen auf dem Weg zum Skandaløs Festival an der dänischen Grenze machen. Leider aber findet das Festival nur im Zweijahrestakt statt. 2018 ist also Pause und in Erinnerungen schwelgen angesagt. Na gut. Dann hier also eine geballte Ladung Erinnerungen vom Skandaløs 2017.


text Johannes Jacobi
redaktion Tina Huynh-Le
fotos Dominik Wagner




Es ist Samstag, kurz vor Mitternacht und das Skandaløs Festival 2017 neigt sich langsam gen Ende. Ca. 100 Menschen zwängen sich dicht an dicht in ein gemütliches Indianertipi, welches als Kluntjes Bühne tagsüber noch zu Diskussionsrunden und Lesungen einlud und das im Moment von einem dänischen experimental Jazz Ensemble bespielt wird.

Es ist das letzte Konzert in der Kluntjes, die etwas abseits der anderen Bühnen direkt an ein bilderbuchähnliches Kornfeld grenzt. Starkregen und Zeltplane haben gemeinschaftlich für einen sich über den Eingang ergießenden Wasserfall gesorgt. Gedimmtes Licht, das Geräusch der Regentropfen und die Musik laden ein, das Wochenende Revue passieren zu lassen und sich vielleicht auch ein bisschen im Selbstmitleid zu verlieren. „Schade, dass das Wetter nicht so richtig mitgespielt hat“, ist einer der Gedanken.

Doch noch bevor die Gedanken Form annehmen, knallt die Sicherung raus und unsere Seite des Festivalgeländes liegt im Dunkeln. Stromausfall, zu viel Wasser da draußen. Aber völlig egal hier drinnen, denn das Ensemble hört nicht auf zu spielen. Fast wirkt es wie einstudiert und abgesprochen. Mit ansteckendem Selbstverständnis wird weitermusiziert und wo gerade noch Melancholie war, macht sich nun inneres Grinsen breit.

Exemplarisch steht dieser Moment für die vergangenen Tage und das Skandaløs Festival 2017 im Gesamten. Wenn das Wetter so spielt, ist Improvisation gefragt, Geduld wird gefordert. Es ist schwer, bei Starkwind und Regen nicht durch persönliches Empfinden das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Denn besonders im Falle vom Skandaløs steht das große Ganze für etwas, das unsere Festivallandschaft, ja unser Land, bitter nötig hat.

 
 

Die Themenwahl der Workshops und Diskussionsrunden ist bezeichnend. Aber auch Kunstprojekte, die Verlosung eines Grundeinkommens, ein Jazz Programm, Vogel-Tour, Spieltiger für die Kids, Partnermassagen-Szenarios in großer Gruppe am Morgen, Theater und Lesungen… Alles Aktivitäten und Themen, an denen sich andere Festivals auch versuchen, aber meist scheitern. Scheitern an der Kuration. Und bei allem Übel durch das Wetter: Genau an diesem Punkt ist hier niemand gescheitert. Ein Programm so griffig, schlüssig und in der Tiefe wohldurchdacht, dass wir uns fast wünschen, die Welt wäre ein bisschen mehr Skandaløs.







Gleiches gilt für das Musikprogramm. Über die Wahl und besonders die Platzierung der Acts können auch anfängliche Soundprobleme nicht hinwegtäuschen. Wenn 47 Soul aus Palästina den Closing-Slot der ersten Nacht auf der Hauptbühne bekommen und selbiger am Folgetag von Den Sorte Skole bespielt wird, dann ist das ein Statement – und zwar ein ziemlich klares. Beide Acts passen inhaltlich zur oben erwähnten Themenwahl und beide Acts sind für sich schon Bereicherung und Grund genug, dieses Wochenende als Erfolg zu verbuchen. Dass es trotzdem nicht verbogen wirkt, Acts wie FaberParcelsVon Wegen LisbethTash Sultana oder Zugezogen Maskulin im Line-Up zu finden, ist der ebenfalls erwähnten Platzierung zu verdanken.

 
 

Was hier passiert, ist wichtig und macht Sinn. Auch wenn der erste Blick von Wetter und damit verbundenen Pannen auf dem Gelände getrübt wird, steht das Skandaløs für eine ganz besondere Art von Festival, von Gemeinschaft. Es steht für eine besondere Art, Input zuzulassen, aufzunehmen und mit Tanz am Strand bis zum nächsten Morgen zu verarbeiten.

Wir sind froh, dem andauernden Wind nicht ganzjährlich ausgeliefert zu sein, aber wenn das Skandaløs Festival dann 2019 hoffentlich endlich wieder steigt, werden wir die ersten sein, die sich auf den Weg machen. Danke für dieses Festival, für das Statement.