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Angenehm unangenehm:

Geschichten vom Skandaløs Festival


 
 

fotos Mike Freudenthaler

Crew Catering von Mama, Applaus für das Orga Team und bei 31 Grad 400 Meter Kabel verbuddeln. Nach der Pause in 2016 gibt es 2017 endlich wieder ein Skandaløs Festival. Während fleißig an der diesjährigen Ausgabe gearbeitet wird, haben wir uns ein paar schöne und nicht so schöne Geschichten aus der Vergangenheit erzählen lassen.

 

Matthias / dabei seit 2013 / Infrastruktur


Angenehm:
Mit Rüdiger Nehberg war ein Held meiner Kindheit auf unserem letzten Festival. Seine Vitalität, Begeisterungsfähigkeit und lebenslanges Engagement sind beeindruckend und sein Besuch hat den Anstoß gegeben, dass wir uns neben Musik und Kunst jetzt auch gesellschaftspolitischen Themen widmen wollen. Die Atmosphäre im Zelt bei seinem Vortrag war etwas ganz besonderes und ich habe einige Tränen gesehen.

Unangenehm:
Am Eröffnungsabend des Festivals 2015 saß ich erschöpft vom intensiven Aufbau bei den Essensständen auf einer Bierbank. Neben mir saß eine junge Festivalbesucherin und ich tat etwas, was man nicht tun sollte: Ich fragte sie nach ihrem Eindruck von unserem Festival, in der Hoffnung auf etwas Lob nach den Strapazen der letzten Wochen. Den Gefallen tat sie mir nicht, stattdessen servierte sie mir die pingeligste Kritik, die man sich vorstellen kann, wie zum Beispiel die lieblose Gehweggestaltung des Campingplatzes (als Vergleichswert dienten Festivals, die sie nicht etwa selbst besucht hatte, sondern ihre Geschwister – das Skandaløs war ihr erstes Festival). Ich war zu platt, um mich zu wehren und ließ es über mich ergehen – seitdem habe ich nie wieder Fishing for compliments betrieben.

Jann / dabei seit 2011 / Künstlerbetreuung

Angenehm:
Einen der für mich bewegendsten Momente hatte ich am Sonntag nach dem letzten Festival 2015. Ich war nach drei Tagen mit wenig Schlaf und schweren Beinen mittags unterwegs zum Produktionsbüro. Der Weg verlief neben dem Campingplatz, wo zu dem Zeitpunkt viele frühstückten oder Vorbereitungen zur Abreise trafen. Auf einmal hörte ich von dort einen leisen Applaus, der schnell immer lauter wurde. Gefühlt klatschte und pfiff auf einmal der ganze Campingplatz. Verwundert blieb ich stehen und versuchte auszumachen, ob eventuell noch Künstler*innen spontan eine Einlage lieferten. Ich konnte jedoch niemanden ausmachen. Weitere Teammitglieder gesellten sich zu mir und wir rätselten, was der Grund für diesen Applaus sein könnte. Eine Auflösung kam dann über das Funkgerät von jenen, die auf der Fläche den Müllpfand aushändigten. Dieser Applaus sei für uns. Eine Gruppe hätte spontan dazu aufgerufen für das Orga Team zu applaudieren. Mir verschlug es die Sprache. Damit hatte ich nicht gerechnet. Für diesen Moment empfinde ich immer noch tiefste Dankbarkeit. Er hat einen besonderen Platz in meinem Herzen gefunden.

Unangenehm:
Auf dem Festival 2015 war ich dafür zuständig abends unsere Künstler*innen ins Hotel zu shuttlen. Leider hatte uns ausgerechnet am Tag mit den meisten gebuchten Hotelbetten eine Unterkunft komplett abgesagt. Wir konnten dennoch adäquaten Ersatz in der Umgebung finden. Da es schon spät war und ich die Route zum neuen Hotel erst einmal bei Tageslicht gefahren bin, konnte ich mich nicht mehr genau an die Strecke erinnern. Im Fond saßen zwei New Yorker Jazz Musiker, die ihren Tourabschluss bei uns gefeiert hatten und nun zügig ins Bett wollten, da ihr Flug am nächsten Morgen früh ging. Ich hatte mein Handy schon vor Fahrtbeginn mit den Daten gefüttert und hoffte, dass es mir den Weg leiten würde. Da das mobile Internet in Nordfriesland allerdings seine Schwächen hat, wollte die Karte partout nicht laden. Wir fuhren immer weiter und ich wurde immer unsicherer. Kenne ich diesen Baum? Ist das das Haus, wo man links abbiegen muss? Bohrende Fragen und Schweißperlen auf meiner Stirn. An einer Stelle hielt ich, weil ein verheißungsvolles H+ auf meinem Display aufleuchtete. Es erlosch jedoch nach kurzer Zeit wieder und meine Hoffnungen waren dahin. Zum Glück nahmen unsere Gäste die Sache sehr locker und entspannt. Sie sagten, sie vertrauten mir. Eine andere Wahl hatten sie offensichtlich ja auch nicht. Wir fuhren weiter und ich malte mir vor meinem inneren Auge die schlimmsten Szenarien aus. Doch wie aus dem Nichts tauchte auf einmal das Dorfeingangsschild im Scheinwerferkegel auf – meine, unsere Rettung. Überrascht hat mich dann die Dankbarkeit der Beiden. Offenbar waren sie genauso froh wie ich, dass wir das Hotel gefunden hatten.

Karsten / dabei seit 2011 / Helferorganisation

Angenehm:
Das Thema Teamverpflegung war bei den ersten Festivals leider kein Thema und wurde mehr oder weniger vergessen oder war nur im Basecamp vorhanden, welches 6 km vom eigentlichen Festivalgelände entfernt war.
Bei dem letzten Festival haben einige Mütter sich dem Thema CrewCare angenommen und sich um die Versorgung während des Auf- und Abbaus und am Festivalwochenende gekümmert. So hatten wir dann schließlich eine vollausgestattete Küche auf dem Festivalgelände und ein Wohnzimmer, in dem wir uns entspannen konnten und uns rund um die Uhr mit kulinarischen Köstlichkeiten versorgen konnten. Merci!

Unangenehm:
Es fällt mir gerade gar nicht so leicht, mich an etwas negatives oder nicht so schönes zu erinnern. Damit so ein Festival läuft, müssen natürlich oft Aufgaben übernommen werden, die einem nur kurze Zeit oder gar keinen Spaß machen und durchaus körperlich anstrengend sein können. So ist mein unangenehmster Moment auch einer körperlicher Erschöpfung:
Damit unsere Besucher*innen nicht über Abwasser und Stromkabel stolpern, müssen diese an manchen Stellen vergraben werden. 2013 bestand unsere technische Gerätschaft aus einem Spaten und vor uns lagen ca. 400 Meter Kabel und Schlauch, die in den lehmigen Boden und unter besten Wetterbedingungen (31°, keine Wolken am Himmel) vergraben werden wollten. Dreieinhalb Stunden und 200 Meter später habe ich den Spaten dann abgegeben und mich mit einem Sonnenstich für den Tag erst einmal verabschiedet.