redaktion Tina Huynh-Le
fotos Nadine Kunath
Wohnzimmer auf dem Berg, Zöpfe flechten mit Romano und ein Feuerwerk für die Crew. Beim Bergfunk Open Air geht es verdammt familiär zu und bevor es in wenigen Tagen in die nächste Runde geht, haben wir uns für die Geschichten dahinter interessiert.
Warum wäre 2012 um ein Haar alles aus gewesen und was für Momente bleiben für immer in Erinnerung? Ein Teil des Teams hat aus dem Nähkästchen geplaudert.
Ela / dabei seit 2010 / Gastro & Gründungsmitglied
Angenehm
Wir nehmen uns jedes Jahr mindestens eine Woche Zeit, um das Festivalgelände aufzubauen und zu dekorieren. Viele der Vereinsmitglieder nehmen sich dafür extra Urlaub, sodass wir manchmal bis zu zwei Wochen alle gemeinsam auf dem Funkerberg wohnen. Das ist wie eine riesige WG auf Klassenfahrt und das Gelände wird zu unserem Wohnzimmer. Wenn dann alles fertig ist, die ersten Künstler und Gäste kommen und sich zu Hause fühlen, weiß man, dass es sich gelohnt hat. In dieser Atmosphäre sind auch allerlei Späße möglich. Wie 2016, als Romano da war und sich alle Mädels der Crew gegenseitig Zöpfe geflochten haben und er das so witzig fand, dass daraus ein Gruppenfoto entstanden ist, das er 2017 für seine Tourpromo verwendet hat.
Unangenehm
Das unangenehmste Ereignis – nicht nur für mich, sondern auch in der gesamten Vereins- und Bergfunkgeschichte – ist aus dem Jahr 2012. Wir hatten große Pläne und hatten viele große Künstler gebucht, wie Blumentopf, Pohlmann, Alphaville und Keimzeit. Leider war dieses Line-Up viel zu ambitioniert für unsere damaligen Marketingfähigkeiten und den Bekanntheitsgrad des Open-Airs. Viele haben einfach gedacht, dass in Königs Wusterhausen keine Bands solchen Kalibers spielen und es sich um Coverbands handelt. Kurz um – etwa 500 Gäste haben ein richtig gutes Open Air gesehen und wir hatten 30 000 Euro minus gemacht. Als dann alles vorbei war und wir Samstagabend zusammensaßen, um diese bittere Bilanz zu ziehen, war nicht klar, ob und wie es weitergehen könnte. Die folgenden Abbautage waren von viel Galgenhumor und dem Schmieden von Auswanderungsplänen geprägt. Letztendlich haben wir mit viel Engagement, Benefizkonzerten und verrückten Aktionen – besonders auch von unseren Gästen und Unterstützern – das Defizit ausgleichen können. Eine unangenehme, aber lehrreiche Erfahrung.
Franzi / dabei seit 2012 / Helferplanung
Angenehm:
Einer meiner schönsten Momente war 2017 – das Jubiläumsjahr, 10 Jahre Bergfunk. Am Samstagabend, als alle dem großen Finale – dem Auftritt von Turbostaat – entgegenfieberten, wurde es plötzlich vollkommen dunkel auf der Bühne und es war mucksmäuschenstill. Alle guckten irritiert und verwundert, als plötzlich ein riesengroßes Feuerwerk losging. Das war ein wirklich atemberaubender Moment, wie über tausend Menschen nebeneinanderstanden und einfach nur Feuerwerk geguckt haben. Alle Helfer_Innen sind aus ihren Bereichen auf dem Gelände zusammengekommen und hatten einen – den ersten gemeinsamen – Moment Pause. Das schönste daran war die Überraschung, da bis auf den Vereinsvorstand und ein paar Eingeweihten niemand davon wusste und irgendwie klar war, dass es neben einer schönen Attraktion hauptsächlich ein riesenfettes Danke für die ganze Energie, Kraft und Zeit war, die wir die letzten Jahre investiert haben.
Unangenehm
Zu den unangenehmsten Erfahrungen gehört, wenn einem der Veranstaltungsleiter während des Open-Airs bei vollem Haus sagt, dass die Ablösung für die Toilettenbetreuung – die wir extra dazu gebucht haben – krankheitsbedingt ausfällt und die Firma keinen Ersatz schicken kann, weil sie kein Personal mehr haben. Da das öfter vorkommt als man denkt, fand man mich die letzten zwei Jahre irgendwann eigentlich nur noch bei den Toiletten, bewaffnet mit Gummihandschuhen und allerlei Putzmitteln. Während ich über das Funkgerät als Helferplanerin das Personal umstrukturiere, um Engpässe auszugleichen, schleiche ich zwischen den Toiletten umher, um die Missgeschicke fehlender Treffsicherheit unserer betrunkenen Gäste zu beseitigen.
Julia / dabei seit 2015 / Lektorat und Bierwagencrew
Angenehm
Ich bin jetzt seit etwa drei Jahren aktiv im Verein tätig und habe in der Zeit gewisse Muster entdeckt. Der Aufbau einer Veranstaltung (wie Bergfunk Open Air oder Bandcontest) läuft eigentlich immer recht ähnlich ab: Zu Beginn ist da eine leere Wiese. Jemand hat vergessen, sie zu mähen, was uns wie die letzten 10 Male total überrascht. Der Rasenmäher muss erst rangeschafft werden, die Leiter für den Aufbau der Deko fehlt und auch sonst fragt man sich, wie zur Hölle man das alles schaffen soll, bevor die ersten Gäste das Gelände betreten. Dann folgt eine Periode des euphorischen und friedlichen Aufbaus, anschließend kommt Panik auf. Noch eine Stunde. Der Einlass ist noch nicht mal fertig gebaut. Noch eine halbe Stunde. Überall liegen Kabelbinder, Leitern (wir haben tatsächlich welche gefunden!) und Werkzeug rum. Noch 10 Minuten. Aufgescheuchte Menschen laufen wie Hühner umher, alle schwitzen, sind kaputt und gestresst.
Dann: Geländeöffnung. Die ersten Gäste betreten den Platz. Schmetterlinge fliegen über die aufgeräumte Wiese, lächelnde und duftende Vereinsmitglieder stehen entspannt am Bierwagen. Irgendwie glitzert alles ein bisschen. Ich nenne das gerne die „verzauberten 10 Minuten“, weil sich in dieser Zeit irgendwie alles unbemerkt von Chaos in pure Freude verwandelt. Und wenn man dann ein paar Stunden später über das gut gefüllte Gelände streift und die tollen Bauten und Lichter und Wimpelketten sieht, dann weiß man, dass sich all der Stress und die Mühe der vergangenen Tage mehr als gelohnt haben.
Unangenehm
Ich bin während unserer Veranstaltungen eigentlich immer auf dem Bierwagen zu finden. Schon während meiner Schulzeit und dann später neben dem Studium habe ich in Bars gearbeitet und somit schon ein bisschen Erfahrung mit etwas anspruchsvolleren Gästen gemacht. Der Großteil der Leute ist furchtbar nett, immerhin sind sie ja gekommen, um entspannt unser Open Air zu besuchen. Zu später Stunden kommen dann schon mal ein paar Betrunkene, aber auch das ist nichts Neues und wirklich schlimm sind die nie. Was mich aber jedes Mal unheimlich ärgert, sind die Leute, die weder Hallo, Bitte, noch Danke sagen können (oder wollen) und sich auch nicht belehren lassen. Das sind die, die einfach nicht verstehen, dass wir das alles ehrenamtlich neben unseren Jobs und mitunter anstrengendem Alltag machen und eigentlich keine Lust auf ihre blöden Launen in unserer freien Zeit haben.